9. Juni 2025

Ehemaligentreffen der Skispringer Pfingsten 2025 in Bischofsgrün

Vorne von links: Jens Weißflog, Manfred Matthäi, Axel Zitzmann, Bernd Eckstein und Klaus Purucker; Hinten von links: Michael Loskarn, Bernd Zapf, Peter Lange, Andre Kiesewetter, Matthias Buse, Sören Rose, Hendrik Ohlmeyer, Udo Tölke und Klaus Ostwald

Beim Pfingstskispringen in Bischofsgrün trafen sich Olympiasieger und Weltmeister des Skispringens und der Nordischen Kombination. Doch nicht nur Medaillenträger waren zum „Ehemaligentreffen“ gekommen, auch diejenigen, denen vielleicht die ganz große internationalen Erfolge verwährt blieben oder die vielleicht nur in ihrer Schülerzeit regional über die Schanzen gingen oder auch als Kombinierer läuferisch aktiv waren.

Die erfolgreicheren Teilnehmer des Treffens waren freilich auch die bekannteren, allen voran der beste deutsche Skispringer aller Zeiten, dem zweifachen Weltmeister und dreifachen Olympiasieger Jens Weißflog. Vor seinem runden 60. Geburtstag konnte Jens Weißflog im vergangenden Jahr bereits die Jubiläen seiner Olympiaerfolge in Sarajewo 1984 und Lillehammer 1994 feiern. Addiert man die Zahlen beider Jubiläen (40 und 30 Jahre) und teilt sie durch zwei, dann kommt man auf 35. Und ziemlich genau so viele Jahre ist es her als die deutschen Skispringer aus dem damaligen Osten und Westen erstmals ohne „Aufsicht“ gegeneinander antraten. Am Pfingstsonntag 3.Juni 1990 und nochmals wenige Wochen danach am 24.Juni 1990 bei einem internationalen Vergleich danden diese Springen auf der großen Ochsenkopfschanze statt, vor genau 35 Jahren.

Auch der erste gemeinsame Lehrgang der beiden zuvor getrennten Nationalmannschaften fand damals in Bischofsgrün statt. Das ganze noch ein halbes Jahr vor der politischen Wiedervereinigung. Zum 60ten von Jens Weissflog war dann die Idee entstanden, die 35 Jahre deutsch-deutsche Skipringerwiedervereinigung in diesem Jahr auch zu feiern. Einer der damals schon für die letzte DDR-Mannschaft sprang ist heute unter anderem noch bei manchem Welt- oder Continentalcups als Vorspringer dabei und startete auch beim Pfingstskispringen am Sonntag, Marko Gohlke vom SV Tabarz.

Eine ganz besondere Freude herrschte bei allen und auch bei ihm selbst, dass er beim diesjährigen Treffen dabei sein konnte: Manfred Matthäi. Inzwischen 89 Jahre alt, lies sich Manfred Matthäi (SC Motor Zella-Mehlis) zum Treffen nach Bischofsgrün fahren. Er war auch schon 1957, als in Bischofsgrün die erste Mattenschanze der westlichen Welt offiziell eingeweiht wurde, mit dabei. Wie er erzählte, damals Wissen der staatlichen Obrigkeit, gefragt hatte er erst gar nicht. Offiziell war er damals auf Verwandtenbesuch beim Onkel in Coburg, wofür er einen Passierschein durch die noch nicht ganz geschlossenen Grewie erhielt. Der vorgetäuschte Westbesuch wurde so durch das Volkspolizei-Kreisamt Sonneberg also genehmigt. Er hatte freie Fahrt, um mit dem Interzonenzug über Probstzella, Coburg, Lichtenfels, Kulmbach weiter nach Bischofsgrün zu reisen. Etwas mulmig war ihm schon, als im Interzonenzug die Kontrolle kam. In Bischofsgrün wurde er dann von seinem ehemaligen Quartierwirt am Bahnhof abgeholt und auch mit einer hier zusammengeliehenen Skisprungausrüstung perfekt ausgestattet. Vorausgegangen war eine Einladung, die er von Karl Zeitler (Vater von Margit Schwärzer bzw. Schwiegervater von Fritz) bekommen hatte. In deren Pension Zeitler in Bischofsgrün war Matthäi schon einmal untergebracht, als er ein Jahr zuvor an einem Springen in Oberwarmensteinach am Dreikönigstag und an einem Wettbewerb in Bischofsgrün teilgenommen hatte. Der damalige Thüringen-Meister bat noch darum dass er in keiner Ergebnisliste erscheinen dürfe um Konsequenzen zu vermeiden. Als Manfred dann am folgenden Montag wieder wie gewohnt an seinem Arbeitsplatz erschien, da lief zunächst alles seinen gewohnten Gang, doch wenige Tage später musste er bei seinem Chef antreten, sein Ausflug wurde bemerkt und er befürchtete das Schlimmste. Doch er kam mit einer Verwarnung davon und der deutlichen Bemerkung, dass seine Platzierung für einen DDR-Sportler zu schlecht war, er hätte wenigstens auf dem Siegerpodest stehen sollen. Er wurde jeoch 15., einem guten Platz, bedenkt man das geliehene Material. Mit diesem Rüffel jedoch war das Thema „Ausflug in den Westen“ ohne Konsequenzen für Manfred beendet. Gewinner des Springens im September 1957 war übrigens Heinrich Zapf, dessen Sohn Wilhelm Zapf heute als Touristmanager in Bischofsgrün arbeitet.

Doch nicht nur die aufregende Geschichte des ältesten Teilnehmers des Treffens begeisterte auch die Zuschauer. Auch viele der anderen erfolgreichen oder unbekannteren wurden auf die Bühne geholt und erzählten den Gästen so manche Geschichte aus ihrer aktiven Zeit. Wie etwa Materialexperte Peter Lange aus dem Vogtland, der einst die Skier unter anderem für Jens Weißflog entwickelte und lange Jahre als Techniker mit der Nationalmannschaft auch noch zu Zeiten von Trainer Reinhard Heß und den Springern Martin Schmitt und Sven Hannawald unterwegs war.

Heute noch im Weltcup unterwegs ist Andre Kiesewetter, inzwischen als Physiotherapeut für die Schweizer Nationalmannschaft. Nach schwerer Verletzung musster er die Sprungski bereits mit Mitte 20 in die Ecke stellen und hat anschließend quasi sein Leiden aufgegriffen und da den Grundstein für seine berufliche Karriere gelegt.

Dann beantwortete Jens Weißflog noch einer Frage zur Gewerkschaft der Skispringer und erzählte die Geschichte dazu. 1985 war ein Jahr mit relativ viel Wettkämpfen, vielen Windspringen, oft auch gefährlich. Bei den Springern kam deshalb die Forderung auf, mitbestimmen zu können. Am Ende der Saison wurde eine Gewerkschaft gegründet mit dem US-Amerikaner Mike Holland als Präsident und Vizepräsidentenen Jens Weißflog. Manfred Deckert war ebenfalls dabei. Nach der Heimreise brachte das dann freilich erhebliche Probleme mit sich. „Man wollte uns aus dem Sport rausschmeißen“, so Weißlog. Gerettet hatte sie damals Egon Krentz mit den Worten „Ihr könnt doch nicht die besten Sportler des Landes...“ um nach außen gut dazustehen und um künftige Erfolge nicht zu gefährden, gab es letztlich nur eine Geldstrafe, seitens des Staates hatte man einen Teil der Prämien gestrichen.

Zum Ehemaligentreffen waren aber auch weiter bekannte ehemalige Aktive wie Klaus Ostwald, Weltrekordhalter und Olympiateilnehmer gekommen. Wie auch Klaus Ostwald sind viele von ihnen auch heute noch in irgendeiner Form in ihren Skisprungvereinen aktiv.

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Auch beim Treffen selbst schafften es einige nicht ins Zelt zu kommen, waren sie doch zeitgleich mit den Nachwuchspringern beim daneben stattfindenden Training aktiv, so wie etwa der Weltmeister in der Nordischen Kombination von 1987, Thomas Müller vom SC Oberstdorf. Angelika Kühhorn, kurz nach der Jahrtausendwende für den Skiclub Bischofsgrün und auch in der ersten deutschen Damen-Skisprungnationalmannschaft aktiv, lies es sich nicht nehmen vorbeizuschauen und hofft das sich auch die Mädels bei einem solchen Treffen wieder einmal sehen werden. „Schön, dass wir die alten Zeiten hochhalten“, sagte Vierschanzentournee-Teilnehmer Bernd Eckstein, der sich begeistert von der Idee zeigte. Mit 18 Jahren war er einst jüngster Weltmeister, Matthias Buse, der sich freute: „Ist schön, wenn das so weiter behalten werden kann.“ Und das denkt nicht nur er: „Skispringer treffen sich jetzt öfter“. Der Olympiasieger, Weltmeister, Gesamtweltcupsieger und Vierschanzentourneegewinner Jens Weissflog lies es sich natürlich nicht nehmen auch beim anschließenden Ehrenabend zu gratulieren, denn wie auch er ganz genau weiß, sind es gerade die vielen langjährigen Mitglieder die im Hintergrund dafür sorgen dass es in den Vereinen läuft.

Unter den Geehrten dann auch der bislang beste Skispringer des Skiclub Bischofsgün, Henrik Ohlmeyer.

Auch beim Pfingstskispringen hatte so mancher Fan noch die Gelegenheit sich bei Jens Weißflog ein Autogramm oder Selfie zu holen, denn er lies es sich auch hier nicht nehmen fachkundig zuzusehen.

Vorankündigung: 2026 soll auch wieder ein Ehemaligentreffen zum Pfingstfest in Bischofsgrün stattfinden, am Samstag 23.05.2026.